Herzen ohne Grenzen / Coeurs Sans Frontières (HOG/CSF) feierte den 50. Jahrestag des Elysée-Vertrags in dem Pariser „Heinrich-Heine-Haus“ am 21. und 23. Januar 2013, in Gegenwart des HOG/CSF-Vorsitzenden Michel Blanc, sowie zahlreicher Vereinsmitglieder.

THEMA DES ABENDS VOM 21.01.2013 :

FÜNFZIG JAHRE NACH DEM ELYSEE-VERTRAG : BESTANDAUFNAHME.

Höhepunkt des Abends war die Vorführung des bedeutenden Films „Von Hass zu Freundschaft“ , der die historische Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen betrifft, die zu dem Vertrag von 1963 führten. Der Regisseur Ingo Espenschied präsentierte und kommentierte seinen Film. Er erinnerte an Karl den Großen, unseren gemeinsamen Vorfahren, und wies nach, wie zwei Generationen nach drei großen Auseinandersetzungen, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sich verschoben hatten; der Franzose, für Ingos Großvater noch schlicht der „Erbfeind“, war ein Verbündeter und ein Freund geworden.

Adenauer, De Gaulle

Ingo Espenschied (rechts) kommentiert die Aufnahmen seines Films über den historischen Besuch von Präsident De Gaulle in Deutschland vom 4. bis 9. September 1962. Präsident De Gaulle wird von Bundeskanzler Adenauer begleitet.

In der Diskussion nach der Filmvorführung wurde nicht nur die historische Bedeutung des Vertrags betont, sondern auch seine gegenwärtige Gültigkeit. Seit fünfzig Jahren hat er es dem deutsch-französischen Paar ermöglicht, häufige Differenzen zu überwinden. Jetzt im Jahr 2013, angesichts der Wirtschaftskrise, scheinen sich diese Unterschiede manchmal zu verschärfen. Doch der Elysée-Vertrag und seine Verpflichtung zu bilateraler Zusammenarbeit seit 1963, bleibt ein politisches und symbolisches Bollwerk gegen eine geradezu selbstmörderische Spaltung dieser beiden Gründerstaaten des modernen Europa.

Um jedoch Risse in diesem Schutzwall zu vermeiden, gilt es ihn zu verjüngen, die deutsch-französischen Netzwerke, Partnerschaften, Ausbildung der Jugend und Initiativen in den Grenzgebieten neu zu beleben und eine bessere Koordinierung der Beschäftigungspolitik und der sozialen Wohlfahrt anzustreben.

Die Zusammenarbeit stellt natürlich keine Verschmelzung dar, sondern ist ein unverzichtbares Instrument zur Förderung der stets bedrohten Demokratie in Europa.

 

Link

Um das Stimmungsklima De Gaulles historischer Deutschlandreise zu erfassen, hören Sie seine „Ludwigsburger Rede an die deutsche Jugend„. Hier das Video

 

THEMA DES ABENDS VOM 23/01/2013 :

KANN ERINNERUNG VERSÖHNEN ? DIE KRIEGSKINDER

Dieses Thema, welches von grundlegender Bedeutung für Herzen Ohne Grenzen, sowie für alle Vereine und Personen ist, die sich „feindgeborenen“ Kindern nahe wissen, führte an diesem Abend zu einem besonders bewegenden und informativen Gedankenaustausch.

Conférence :la mémoire réconciliée : les enfants de la guerre

Debatte: Versöhnte Erinnerung: die Kriegskinder

mit Christiane Deussen, Leiterin des „Heinrich-Heine-Hauses“, Suzanne Krause, Fabrice Virgili und Eva Simonsen.

 

Man erfuhr bei dieser Gelegenheit von Eva Simonsen und Fabrice Virgili, dass die Frage der Kriegskinder zum ersten Mal sehr früh und ganz offiziell im Jahre 1945 in Norwegen gestellt worden war. In jenem Land wurden nämlich diese Kinder ausgemacht als zu einer besonderen Gruppe zugehörig, aber leider nicht zu Zwecken der Integration, sondern ganz im Gegenteil. Viele wurden in Waisenhäuser eingewiesen, misshandelt, und ihre Mütter wurden stigmatisiert und oft ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Erst 2002 haben die norwegischen Kriegskinder – einschließlich der „Lebensborn-Kinder„, dieser experimentellen Kinder, die gemäß der Nazi-Ideologie die rein arische Rasse fortpflanzen sollten – eine Klage gegen den norwegischen Staat eingereicht wegen Diskriminierung und Missbrauch. Nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten gelang es einigen, finanzielle Entschädigung zu erhalten, aber nur in sehr beschränktem Maß, was nach Eva Simonsen eine zweite Beleidigung darstellt.

Was den Versöhnungsprozess anbetrifft, so hat Fabrice Virgili aufgezeigt, dass dieser zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags 1963 schon weitgehend abgeschlossen war – lange bevor offiziell von den Kriegskindern die Rede war, einem noch heute sehr empfindlichen Thema, für manche sogar ein Tabu. Zum Beweis dafür der Hinweis auf die zumindest paradoxe Haltung des französischen Botschafters in Berlin im Jahr 2005, der bei der bloßen Erwähnung der Kriegskinder absichtlich stumm blieb, bevor er den Saal verließ – während in Deutschland schon seit mehreren Jahren die militärischen Archive geöffnet sind (was in Österreich allerdings noch immer nicht der Fall ist).

Suzanne Krause arbeitet an der Schaffung eines europäischen Netzwerks von Kriegskindern in möglichst vielen Ländern, und hält dafür, dass diesen Kindern von Deutschen ein Erbrecht zusteht, auch wenn das manchen schockieren könnte. Für Suzanne Krause sollte die Versöhnung aber so weit gehen.

In der anschließenden Diskussion stellte Michel Blanc klar, dass HOG/CSF zu diesem Thema eine entgegengesetzte Position bezieht, da Geldfragen das erhoffte und manchmal schwierige Zusammenfinden der neuen Familie erschweren können.

Links

Artikel aus der „Tageszeitung“ über den norwegischen „Lebensborn“; lesen Sie den Artikel hier

Artikel aus der „Sächsige Zeitung“ über den norwegischen „Lebensborn“; lesen Sie den Artikel hier

Artikel aus der Website der deutschen Botschaft in Oslo über den norwegischen „Lebensborn“ ; lesen Sie den Artikel hier