Seltenes Zeitzeugnis einer Frau, deren Großvater ein deutscher Soldat war.

Nadia Salmi, Jounalistin, Autorin : des étoiles sombres dans le ciel -Oh éditions.

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Mein Name ist Nadia Salmi, ich bin die Enkelin eines Wehrmachtssoldaten, was mein Name aber nicht erraten läßt.

Er heißt Hans und bis 2007 kannte ich nur seinen Namen und seine Staatsange hörigkeit. Erst anlässlich des Todes meiner Großmutter lernte ich ihn kennen….. besser gesaft, ich kam ihm näher. Denn ich fand Briefe und Fotos und konnte so seinem Namen ein Gesicht geben….. Ein Foto zeigt ihn, lächelnd, in der Wehrmachtsuniform… etwas störend….. Es wurde mir bewusst, dass ich nicht aufgeklärt wurde… Ich wusste, dass mein Großvater Deutscher war…….. Aber für mich ist Deutschland Angela Merkel und nicht Hitler. Ich vergass, dass ein Deutscher während des 2.Weltkriegs kein Freund war.. und dieser Deutsche ist mein Grossvater… Ich musste es akzeptieren. Ich unternahm also lange Recherchen in Deutschland, beim Gemeindeamt der Stadt in der Hans 1946 lebte und in den Archiven der Wehrmacht in Berlin.

Nach einigen Wochen Wartezeit, nach mehreren Monaten bei der Wast wurd es endlich klarer und ich konnte meiner Mutter sagen, dass das Tabu um ihre Wurzeln gefallen ist. Vorbei die Zeit der Beschimpfungen “ sale fille de boche „; der Leiden, der Tränen, der Zweifel, der Ängste, der Geheimnisse, der Lügen, der unbeantworteten Fragen.

Im Alter von 60 Jahren hatte meine Mutter ein Treffen mit der deutschen Familie, die sie mit offenen Armen aufnahm…..

Ich war dabei, war mit ihr, glücklich diesen Augenblick mitzürleben, auf den sie ihr ganze Leben gewartet hat.

Meine Mutter ist eine sehr sensible, empfindsame Frau. Sie wuchs auf ohne zu wissen, was es bedeutet, geliebt zu werden, von einer Mutter und einem Vater, denn sie wurde von meiner Großmutter verstossen, als diese erfuhr, dass Hans nicht nach Frankreich zurückkomme. Zusammenfassend folgendes: Meine Großeltern begegneten sich in Lille, liebten sich in Lyon und trennten sich, ohne zu wissen, dass es für immer war. Es war eine kurzfristige, fast anektotische Liebesgeschichte, die einen Frühling dauerte. Und da ist das Problem. Meine Mutter ist keine Anektode und noch weniger ein Einzelfall der Geschichte. Wie sie, sind 200.000 Kinder in dieser Zeit der verfluchten Beziehungen gezeugt worden, 200.000 Vergessene.

Daher mein Buch mit dem Titel :“ Des étoiles sombres dans le ciel“ ( ungefähre Übersetzung: Dunkle Sterne am Himmel), im Andenken an meinen Großvater, der diese verzweifelten und melancholischen Worte 1946 schrieb……. Sterne, die ich für meine Mutter leuchten lassen wollte, die unter all diesen Tabus schwer gelitten hat.

Vier Jahre schrieb ich. Ich wollte das aufgelegte Schweigen meiner Vorfahren brechen. Ich wollte meinen Wurzeln kennen und sie als ein Geschenk annehmen. Und das Resultat ist heilbringend. Das, was schlecht begann, kann gut enden, wenn man seine Ängste überwindet.

Indem ich Hans suchte, fand ich Trost und Stärkung. Ich habe gelernt, bin gewachsen, glücklich, die unsichtbaren Fäden, die mich an ihn binden, zu entwirren. Ohne ins Detail zu gehen: er liess alles fallen, ich gab nicht auf, er war feig, ich zeigte Mut.

Um seine Fehler zu verstehen, gab ich dem Mann eine Seele und wünschte die Erlösung des Soldaten. Ich dachte an seine Vaterschuld, an die Liebe zu meiner Mutter. Ich liess seine Familie und die von Therese leben. Ich gab Licht, wo Dunkelheit herrschte und Lebendigkeit in diese Schwere. Ich verstand und spürte sein Leiden und seine Machtlosigkeit, seine Verteidigung und seine Entschuldigungen. Ich füllte die Löcher, dank der Gespräche mit meinen noch lebenden Eltern. Ich gab alles, was ich hatte, alles, was ich bin, damit er mich hört. Und ob Sie es glauben oder nicht, ich spüre, es ist gelungen.

Im Laufe der Jahre ist meine Kreigserklärung zum Tabu zur Liebeserklärung geworden. Ich bin stolz zu dieser Filiation, zu dieser deutsch-französischen Vereinigung zu gehören, Ver körperung Europas vor der Stunde und fruchtbarer Boden für Toleranz.

Heute bin ich glücklich, laut, den Epilog meines Romans ausdrücken zu können.. Es ist doch keine Schande als Großeltern einen deutschen Wehr machtssoldaten und eine Französin zu haben, die damals fast geschoren wurde. Schämlich ist es als Mutter ein nicht deklariertes Opfer des 2.Weltkriegs zu haben. In den Geschichtsbüchern gibt es keinen Platz für diese verwünschten Kinder.Kaum eine Bemerkung, keine Fotos, keine Gesichter. Nichts um sie menschlich zu gestalten, sie nahe zu fühlen, sie zu berühren.

Aber sie leben, Franzosen, Belgier, Holländer oder Schweden. Es sind tausende und abertausende, vielleicht eine Million, die als uneheliche Kinder behandelt wurden. Sie sind allein oder sind, wie Sie, bei Vereinen mit ihren Kriegswunden, ihren Friedensforderungen, die nun langsam ein Ohr finden.

Am 24.April 2008 hat sich Bernard Kouchner, damaliger französischer Aussen minister für eine Anerkennung dieser Menschen aus heimlichen Liebschaften, eingesetzt. Daraufhin wurde im Bundestag ein diesbezuegliches Gesetz im Februar 2009 verabschiedet.

Seitdem haben Dutzende Franzosen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und somit einen Pass für die Freiheit, ein wertvoller Sesam, der aber nicht alle Probleme regelt. Denn eine verhöhnte Identität findet sich nicht in einem kleine amtlichen Papier wieder.Das ist viel komplexer und tiefer, das beweist meine verschwiegene Geschichte, die gross in die Geschichte eingeht.

Zwischen 1939 und 1945 trugen 17.893.200 Personen die deutsche Uniform, unter ihnen war Hans. Da sie dem Feind etwas zu nahe gekommen sind, mussten etwa 20.000 Französinnen die ärgsten öffentlichen Erniedrigungen ertragen, meine Großmutter hätte dazugehören sollen. Aus diesen verhöhnten Verhältnissen sind wahrscheinlich 200.000 Kinder in Frankreich gezeugt worden. Ein schweres Erbe ,dass wir, junge enschen, tragen müssen. Wieviele wissen es ? Geheimnis? Wieviele sind es wirklich? Schwer, genau zu sagen. Die französischen Statistiken rechnen mit ungefähr 400.000 heute. das entspricht der Einwohnerzahl von Lyon, die dritte meist bevölkerte Stadt Frankreichs. das ist enorm. Niemand denkt an uns, um zur Bewältigung der Vergangenheit beizutragen.

Ein Vergessen uns gegenüber, immer und immer wieder. Es ist traurig! Wie lange noch?