Das Tabuthema der Soldatenkinder betrifft auch Horb

Von Jürgen Baiker

Schwarzwälder Bote – Edition du 27/06/2011


1. Stelle nach links Willi RIEGER, hilft Frau, gerade(recht) Hélène Wagner gehend

Wer kann die anderen Personen identifizieren?

Grenzüberschreitender Verein „Coeurs sans Frontières“ hilft Menschen herauszufinden,

wer ihr leiblicher Vater ist. Horb. Kinder suchen nach ihrem Erzeuger: Die Kaserne in Horb hat eine sehr bewegte Geschichte. 1935/1936 wurde sie erbaut und am 30. Juni 1936 erstmals von deutschen Soldaten, dem Maschinengewehr Bataillon 4 aus Münsingen, bezogen. 1938 erhielt die Kaserne den Namen „Ypern Kaserne“. Am17. April 1945 zogen französische Truppen in Horb ein.

Die Kaserne wurde zunächst mehrere Jahre von den Franzosen als Gendarmerieschule genutzt. Ab 1953 nutzte das französische Militär die Kaserne selbst und gab der Kaserne den Namen „Quartier Moncey“. 1977 zogen die französischen Soldaten ab. Es gab zunächst einen Leerstand bis die Bundeswehr einzog.

In der Zeit, in der das französische Militär in ehemals deutschen Kaserne – wie der in Horb –

Stationiert war, gab es auch gute freundschaftliche Kontakte der französischen Soldaten zur

weiblichen Bevölkerung.

Auch manche enge Verbindung – heutzutage nichts mehr ausser gewöhnliches zwischen Angehörigen verschiedener Nationen – entstand daraus. So wurden auch einige Kinder geboren von einer deutschen Mutter, der Vater war ein französischer Soldat. Ein paar Jahre zurück : vier Jahre Besatzung der deutschen Soldaten in Frankreich. Auch hier gilt: trotz der Kriegswirren gab es freundschaftliche Kontakte der deutschen Soldaten zu Frauen aus der Region. Auch manche enge Verbindung entstand daraus. So wurde auch manches Kind von einer französischen Mutter geboren, dessen Vater ein deutscher Soldat war.

Es ist heute noch ein Tabu darüber zu sprechen. Deutsche Kinder suchen ihren französischen leiblichen Vater. Französische Kinder suchen ihren deutschen leiblichen Vater, wollen einfach mehr über ihre Herkunft erfahren. Auch in der Literatur wurde dieses „heikle“

Thema schon aufgegriffen, so in dem Buch „Stachelbeerjahre“ von Inge Barth-Grötzinger,

im Schwarzwälder Boten als mehrteilige Leseprobe erschienen.

Vor Jahren haben Betroffene, darunter Jean-Jacques Delorme, einen grenzüberschreitenden Verein „Coeurs sans Frontières“ – Herzen ohne Grenzen – gegründet, der allen diesen Suchenden helfen will und schon viel geholfen hat. Gilt doch auch hier: Kontakte zu Behörden, zu Archiven sind sehr wichtig, aber auch sehr schwierig. Suchen ist wie ein Puzzlespiel. Kleinste Schritte können zum Ziel führen. Über Jean-Jacques Delorme und den Verein hat der Schwarzwälder Bote auf seiner „Dritten Seiet“ am 8. Januar 2010 berichtet.

Für den 2. April 2011 hatte der Verein „Herzen ohne Grenzen“ in Strassburg zu seiner jährlichen Zusammenkunft eingeladen, bei der die anwesenden Betroffenen von ihrer Suche erzählen konnten und Tipps von anderen Betroffenen erhielten.

Viele suchen schon seit 20 Jahren. Selbst wenn die Suche erfolgreich ist, kann man mal an eine Haustüre stehen, so die Erfahrungen und der Kontakt wird abgewiesen.

Aber es gibt auch tolle Begegnungen, so stand eine junge deutsche Frau an diesem Tag ihrer französischen Halbschwester gegenüber, wollten doch beide die Begegnung und freuten sich

darüber.

Das Ziel von „Herzen ohne Grenzen“ ist es den Kindern, die aus Liebesbeziehungen zwischen Eltern feindlicher Nationen, Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern oder Besatzungssoldaten geboren wurden, bei ihre Identitätssuche zu helfen. Bei dieser Tagung wurde auch deutlich,

dass bei der Suche auch deutsch-französische Partnerschaften eine hilfreiche Rolle spielen können, vor allem wenn es um wichtige Kontakte und Anfragen bei französischen Behörden geht, aber auch, wenn es emotionale und sprachliche Hilfestellung bei der Kontaktaufnahme nötig sind.

Jürgen Baiker ist ein Korrespondent des Schwarzwälder Bote und ein Herzenmitglied(Herzenglied) ohne Grenzen