Kriegskinder wissen, dass es für eine Familie sehr schwer ist, ein grosses Geheimnis über viele Jahre hinweg, zu bewahren. Ungeschickte Worte. Ein schlecht verstecktes Dokument und schon stellt das Kind sich Fragen und versteht, dass da etwas vor ihm verheimlicht wird und so beginnt für das Kind eine lange Suche.

Und dann, wenn es schon gar nicht mehr daran denkt, taucht plötzlich wieder die Vergangenheit auf und die Hoffnung erwacht, das zu begreifen, was so lange verschwiegen wurde.

Betty, Mitglied aus der Region Süd-Ost will mit diesen Worten ihre Geschichte erzählen :

“ Sie können alles auf der Website veröffentlichen. Vielleicht kann es anderen Hoffnung bringen. Es würde mich freuen.”

Bettys Geschichte :

Als ich 13/14 Jahre alt war, erfuhr ich von meiner Tante,dass ich die Tochter eines Deutschen sei. Von meiner Mutter erfuhr ich darüber nie etwas.

Sie starb 2001. Meine Brüder räumten das Haus auf und fanden in ihrem Kasten hunderte von Briefen meines Vaters, mit einer Adresse auf der Rückseite, vor allem als er im Urlaub nach Deutschland fuhr, seine dortige Adresse (an der polnischen Grenze). Briefe von 1942 bis Juni 1944 (vor kurzem erfuhr ich, dass er von meinen Grosseltern eingeladen wurde und diese wurden im Moment der Befreiung von “lieben” Nachbarn denunziert) !!!

Dann begann ich allein Recherchen im Internet, hörte aber schnell damit auf. Im Jahre 2009 erfuhr ich bei den Nachrichten um 13h in TF1 die Adresse von CSF. Mit Hilfe von Jeanne, Regionaldelegierte von Süd-Ost und einem anderen Mitglied von CSF wurde meine Familie in weniger als einem Jahr, gefunden.

Mein Vater war leider 1970 verstorben und mein Halbbruder 2004. Beide sind jung gestorben.

Im Januar 2010 erhielt ich über die Deutsche Dienststelle WASt einen schönen Brief meiner Cousine, die Tochter der Schwester meines Vaters und auch zum ersten Mal ein Foto meines Vaters. Welche Freude und Ergriffenheit !

Einige Tage später erhielt ich einen Anruf aus Berlin, in französischer Sprache! Es war der Schwiegersohn dieser Cousine, ein Franzose. Ihn und seine Frau konnte ich im Mai 2010 mit Freude empfangen.

Wir korrespondieren dauernd per Internet. Im September 2011 sind meine Cousine und ihr Mann drei Tage zu mir gekommen, in die Vogesen, wo ich seit 4 Jahren wohne. Hier, am Parking, sahen wir uns zum ersten Mal !

Dann musste ich einen günstigen Moment finden, um sie zu besuchen, denn meine Cousine ist berufstätig. Es war im September 2013. (zum ersten Mal war ich in Deutschland).

Ich wurde wie eine Prinzessin empfangen. In 5 Tagen besichtigte ich Berlin mit Bus, Ubahn und Schiff! Es war wunderbar und ich verliebte mich in diese Stadt.

Dann weiter, 230 km nach Norden, wo sie wohnen, in Tessin. Und jeden Tag von 9h bis 18h machten wir herrliche Besichtigungen bis nach Rostock und der Ostsee.

Das ist also meine Geschichte !

Wir schreiben uns regelmässig. Sie spricht kein Französisch, ich keine Deutsch, Gott sei Dank gibt es die englische Sprache !

Ich lege 3 Fotos bei, eines auf dem Parking, unser erstes Treffen, das andere bei ihnen im September, das dritte zeigt uns vor Teilen der Berliner Mauer. Ergreifend für mich, denn mein Vater war aus Ostdeutschland.

Christiane, die deutsche Cousine von Betty, erfuhr vom französisch-deutschen Treffen in Strassburg im November 2013 und sandte uns zu diesem Anlass diese folgende schöne Nachricht :

“ Ich erfuhr von Betty von eurem Treffen in Strassburg und danke hiermit allen herzlichst für die Hilfe und Bereitschaft in der Suche der Vergessenen, die durch den Krieg getrennt wurden mit all seinen schrecklichen Folgen.

Noch vor 4 Jahren wusste ich nichts von der Existenz meiner Cousine Betty. Dank Ihrer Hilfe haben wir uns kennengelernt und so einen Teil der Familie vereint. Ich bin so glücklich, dass wir uns gefunden haben und dass ich durch meine persönlichen Kenntnisse und Informationen über Bettys Vater, von Ihren Informationen profitieren kann.

Leider ist Bettys Vater, mein Onkel, sehr früh gestorben ( ich war noch ein Kind). Sein Sohn (Bettys Halbbruder) wurde schwer krank und starb mit 56 Jahren, im Jahre 2004. Der Sohn hatte dieselbe Krankheit wie sein Vater.

Dieses Jahr, im September, ist es endlich gelungen ! Betty kam zum ersten Mal nach Deutschland , in das Land ihres Vaters. Sie kam zu uns, in unsere Familie, in Tessin. Es war eine wunderschöne Zeit, aber auch leider zu kurz. Wir sprachen zusammen englisch, denn ich spreche leider nicht französisch.

Nochmals tausend Dank, Ihnen persönlich, für den Kontakt, für Ihre Organisation, die es uns erlaubte, uns zu finden.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel, viel Erfolg”.

September 2011. Wiederfinden am Parking von Betty

September 2013 Betty bei ihren Cousins

September 2013- Christiane und Betty vor der Berliner Mauer