ZUM ERSTEN MAL IN BERLIN

 

Dominique Messier, Tochter des Gefreiten Karl Willi Weck, geboren 21.7.1924

in Solingen (Ruhr) – 26. April 2011

 

“ Berlin und ich“, ein “ Vatertraum“. Mein Vater sagt mir

in einem Traum, den ich oft habe: „ich wohne in Berlin, wir werden uns bald sehen,

ich gebe Dir meine Adresse, wir werden uns treffen“…

Ich erwache und in meinem Bett liegt mein Teddybaer, Geschenk meines Vaters, als ich noch ein Baby war. Fast dersselbe, wie der, im Juedischen Museum ausge

stellte.

Ich besitze ihn immer noch, er hat schon soviel gehört über das unvergessliche

Treffen, das ich machen werde, er hat schon soviel gehört, dass er ganz verbraucht

und müde ist von meinen Tränen und Geständnissen.

 

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Dank dieses Vereins, zu dem ich 2007 plötzlich stiess, war ich in Berlin.

Und ich fand Paten und Patinnen, um mich zu begleiten.

Ich danke Jean Jacques und Jean Paul

Ich danke Marcelle und Eric

Ich danke Catherine und Jean.

Ich grüße besonders herzlich Josiane, der ich Kraft und Hilfe sende, um sich der

vergangenen und gegenwaertigen Misshandlungen zu widersetzen.

Ich danke allen fuer ihre wertvolle Freundschaft, die sie mir entgegenbrachten.

 

Ich werde nie meinen Spaziergang vom Montag, den 11. April 2011 in Berlin ver

gessen, vom Alexanderplatz bis zum Inselmuseum (und dem Reichstag), Insel,

die ich gruen glaubte, die aber voll von Steinen und Bauarbeiten war.

Dann am Dienstag, die Archive der WASt, altmodisch, menschlich, die laechelnden Beamten, ihre Karteikarten, Schachteln voll von Erinnerungen, Schmerzen, Liebe, Tod, Staub.

 

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Und diese Wehrmacht der Nazis, ohne die sie nichts machen hätten koennen. Ich denke an unsere Väter, die gezwungen wurden zu dienen, deren Widerstand den sicheren Tod bedeutet hätte…leider, leider.

 

Mein Vater kehre 1954 zum ersten Mal nach Solingen ( Ruhrgebiet) zurück. (er war zweimal mit einer französin verheiratet), sperrte sich in der Küche des

Familienhauses ein und erzählte seiner Mutter, Anna Weck, meiner Nazigrossmutter, der ich ähnlich sehen soll, das Massaker von Oradour sur Glane.

“ Siehst Du, Mama, was Deine Nazis verbrochen haben….“.

 

Auch wenn ich meinen Vater, der in einem Friedhof von Colombes sur Seine ruht, nicht gefunden habe, habe ich Menschen wie mich selbst gefunden,.. Freude;

Traurigkeit, alles was uns zusammenhaelt.

 

Ich ging viel zu fuss, schaute, fotografierte, entzückt von dieser Stadt. Ich weiss, es ist leicht, poetisch zu werden bei all diesen Eindruecken, aber ich habe diese

Stadt, die verschiedenen Konstruktionen, oft in naechster Nähe zueinander lieben gelernt. Wenn nur die Menschheit so bestehen könnte, einfach, über alle

Differenzen hinwegschauend und wiederholend; nie mehr, nie mehr Hass, Folter, Mauern. nein, wir teilen alles. Und keine Misshandlungen von Kindern, die Erde

gehört uns allen, ohne Grenzen.

 

Mein Vater hat nie in Berlin gelebt, vielleicht ist er auch nie dort gewesen, aber in meinen Kinderträumen konnte dieser Vater, so wichtig für mich, nur in Berlin

gewesen sein, der Reichshauptstadt.

 

1989, in Erwartung meiner Tochter Louise, erlebte ich, überwältigt, den Sturz der Mauer. Ich fühlte mich als Deutsche und als Berlinerin;;;es fehlten mir nur

die Worte meines Vaters in der deutschen Sprache.

 

Ich habe geweint am 60. Erinnerungstag des Debarquements in der Normandie, als man die Wiedergutmachung zwischen Deutschland und Frankreich feierte und uns kein offizieller Platz eingeräumt wurde.

 

Nie werde ich vergessen, was ich gesehen habe und ich möchte wieder zurück: das Brandenburger Tor, das Europäische Band, die St.Nikolauskirche, Westberlin…

 

Ich konnte nur 10 Minuten im Jüdischen Museum verweilen, ich fühlte enorm die*Schuld Kind eines “ boche “ zu sein, eines Vaters, der vielleicht direkt oder indirekt beteiligt war an den Sonderkommandos, den Todeszügen … Es war zu schwer für eine einfache Person.

 

Dieses Museum wirft einen zurück, schon gleich beim Eingang, so als wollte man uns unsicher machen. Man sollte den Besuchern erklären, wie das geschieht,

bevor man sie hereinlässt, die Topographie des Museums erklären etc.

 

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Warum mich herumquälen, wenn andere jeden Tag eine Mauer gegen ein anderes

Volk bauen… selbst Palästinenser werden in Spitälern in Israel gepflegt;;;

marvellous, isn’t?

 

Die Menschheit ist erzdumm.

 

Manchmal aber gibt es wunderbare Menschen.

 

 

WIR SIND NOCH MEHR BERLINER

Jean Willemin – 07.05.2011

 

Seit einem Jahr sprachen wir nur noch davon… von der Reise nach Berlin im April 2011, denn die von 2010 war ein voller Erfolg. Und wirklich, wir sind noch mehr Berliner.

Wenn auch der Kontext dieser beiden Reisen nicht derselbe war, von rund 20 Teilnehmern sind wir auf rund 40 gekommen, die Stimmung war immer dieselbe, Freundschaft und froehliches Beisammensein.

 

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Die Freude, in dieser wunderbaren Hauptstadt zu sein war schon am Sonntag abend, 1O.April, zu spueren, da fast zwei Drittel der Teilnehmer schon anwesend war, obwohl der organisierte Teil eigentlich erst am Dienstag, den 12. April beginnen sollte.

Nach dem Bezug der Zimmer im Quality Hotel,begaben sich ungefaehr 30 Freunde ins Restaurant Arosa Eck mit “deutsch-kroatischer Küche”.

Wiedersehensabend für die früheren Teilnehmer und Bekanntschaften fuer die “Neuen”. Immer ein schöner Moment.

 

Am Montag, 11. April, Ankunft dert letzten Teilnehmer. Ein Teil der schon Anwesenden entschliesst sich in die Stadt Berlin zu gehen.

u fuss, entlang des romantischen Schäfersees, Richtung U-Bahn, Franz Neumann Platz Am Schäfersee, dann Linie 8 Richtung Alexander Platz. Hier, im Herzen von Berlin, im früheren sowjetischen Sektor steht der berühmte Fernsehturm.

 

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Von dort geht es weiter zum Berliner Dom dann zur bekannten Avenue Unter den Linden und weiter zum Brandenburger Tor. Nach dem Mittagessen weiter durch die Französische Straße und nach einem Halt auf einer einladenden Terrasse am Spreeufer geht es

zurück zum Hotel.

 

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Aber vier Neugierige geben nicht auf und gehen zur Kunsthalle, einem squatt, wo

sich seit 25 Jahren schon sich frei ausdrückende Künstler aufhlaten und zeitgenössische Kunstwerke ausstellen. Leider wird diese Kunstexistenz von einem

Bauprojekt bedroht.

Die Gruppe ist endlich im Hotel vereint, zum ersten gemeinsamen Abendessen.

 

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Am Morgen des 12. April nach einem guten, ausgiebigen Frühstück geht es zur WASt. Hier befinden sich die Archive der Wehrmacht, 18 Millionen Dokumente.

Marie-Cécile Zipperling empfängt uns auf das Herzlichste.

Der Direktor der WASt und dann Marie-Cécile entrichten uns einige Begrüssungsworte und bedauern die Abwesenheit unseres Präsidenten Jean-Jacques.

Der Besuch dieser Archive ist immer sehr beeindrückend und erschütternd. Viele von uns gehen vielleicht an einem Dokument ihres Vaters vorbei, ohne es zu wissen.

Nach einem Essen im Restaurant der WAST nehmen wir die U-Bahn zum Alexander Platz. Hier, neben dem Berliner Rathaus (auch das Rote Rathaus genannt), ist der Bus, der uns durch Berlin führt. Die, die schon im vergangenen Jahr diese Fahrt machten hatten das recht es wieder zu unternehmen. Ein Führer, der perfekt französisch sprach organisierte Stopps vor wichtigen Sehenswuerdigkeiten. Es war ein wunderbarer Ausflug.

Wie immer führt uns Marie-Cécile in ein altes Judenviertel, in einem typisch „stalinistischen“ Stil wiederaufgebaut mit vielen Geschäften und restaurierten Fassaden.

Zurück zum Hotel ohne die vier, die den Tag in einem herrlichen Bierlokal aus

klingen liessen.

 

Am Mittwoch, 13. April freier Tag, sehr angenehm, obwohl es fuer ungefähr 40 Personen nicht so willkommen war. Kleine Gruppen bildeten sich mit denselben

Interessen und Vorlieben.

Einige gingen ins Jüdische Museum, andere ins Museum der DDR.

7 Personen nahmen in den Strassen von Berlin teil an einem Trabantumzug. Eine einmalige Expedition…. Der Trabant ist ein kleines Auto aus der DDR mit einem schwachen Motor und einfacher Ausstattung. Man lenkt diesen Trabant selbst indem man einem Organisations auto folgt, das per Radio die Anweisungen gibt. Da man merkte,dass wir Franzosen waren,stellte uns die Organisation eine charmante Begleiterin zur Verfuegung,eine Dame aus Lyon, die in Berlin wohnt.

Ein Traum diese Fahrt mit einem Trabant durch Berlin.

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Einer unserer Freunde besuchte mit seiner Frau den Berliner Dom. Dieser Herr ist Organist und bewunderte das beeindruckende Orgelspiel.

 

Der Donnerstag,14. April hätte eigentlich der schoenste Tag sein sollen, aber leider spielte das Wetter nicht recht mit. Ein Bus fuehrte uns nach Potsdam,traurige Strecke mit einigen Regentropfen.

Eindrucksvoller Moment bei der Einfahrt von Potsdam, leider ohne Photohalt, über die Glienicker Brücke. Hier wurden zur Zeit des Eisernen Vorhangs die Spione und Gefangenen ausgetauscht.

Dann Halt vor dem Brandenburger Tor … von Potsdam, bescheidener als das von Berlin.

 

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Dann verliert sich die Gruppe etwas um das berühmte Schloss Sans Souci mit dem riesigen Park zu sehen.

Einige essen in einem reizenden Restaurant, mitten in der Natur gelegen, hinter dem Schloss. Zurueck im Bus und zum Hotel und Photo der ganzen Gruppe.

Da es noch zwei Stunden zum Abendessen sind, steigen noch drei in den Bus 128,

fahren zum Flughafen Berlin-Tegel und tätigen einige Einkäufe. Am letzten Abend, Essen im kroatischen Restaurant, wo anscheinend jeder ûber seinen

Serviettenring verfügt. Der Wirt, der von unserer Abreise am nächsten Tag er fährt bietet uns einen sehr guten kroatischen Wein an.

Wir werden diesen langen Tisch im großen Saal und das gemütliche Beisammensein nie vergessen.

Vor 5 Tage noch waren uns viele Gesichter unbekannt,jetzt kannten wir schon alle Vornamen und die Stimmung war mehr als beschwingt.

 

AM 15. April leider die Abreise. Einige mit Flug,einige per Auto. Nach dem Frühstück hieß es Abschied nehmen, manche blieben noch in Berlin, in ihrer deutschen Familie oder gingen in das Viertel,wo der unbekannte Vater gelebt hat. Andere ruhen sich am ufer des kleines Sees aus, am Schaefersee, gleich beim Hotel,

aber leider sehr laut von den vorbeifliegenden Flugzeugen.

 

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In etwa 2 Jahren wird wich das aber aendern,da der Flughafen tegel geschlossen wird; Der Flugverkehr

geht dann nach Schönefeld. Andere wieder gehen zu den beiden Friedhöfen beim Hotel,Gnadenkirchhof und Sankt Johannes Evangelist Kirchhof.

Die Kirchhöfe in Deutschland sind wie öffentliche Gärten mit Bäumen, Blumen und gepflegten gräbern, wenn auch manchmal verlassene Ecken. Und nach den verschiedenenKonfessionen geteilt.

 

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In Berlin gibt es ungefaehr 170 Friedhöfe, lebendige Orte, wo man Menschen trifft Spaziergaenger und sogar Eichhoernchen.

An einem Grab stein kann man lesen: “ Ich will schlafen „.

Am Abend treffen sich die letzten sechs der Gruppe im kroatischen Restaurant zum letzten Essen.

 

Samstag 16. April: nach einem ausgiebigen Frühstück leider der Abschied. Einige fliegen heim, andere nehmen den Zug, eine einzige person bleibt noch bis

am naechsten Tag.

 

Wir danken Jean-Jacques und Jean Paul für diese ausgezeichnete Organisation, wenn auch Jean Jacques leider nicht mit uns sein konnte.Wir danken auch Marie-Cécile, die uns den Besuch der WAST und die Berlinrundreise organisiert hat, ebenso den Besuch des restaurierten Viertels und die Busfahrt nach Potsdam.

 

Werden Sie das glauben?? Einige traeumen schon von 2012!

 

 

BERLINREISE APRIL 2011

Catherine MAHY 9.05.2011

 

Ich kannte das geteilte Berlin vor dem Fall der Mauer, denn zwischen 1975 und 1980 hatte ich die Gelegenheit meinen biologischen Vater und seine Familie zu besuchen, wiedergefunden durch eine Kette wunderbarer Zufälle.

 

Aber «unser Vater», wie Barbara sagte, ist leider schon 1984 gestorben und die Verbindung zu meiner Halbschwester lockerte sich immer mehr.

 

Mehr als ein Viertel Jahrhundert spaeter, lernte ich durch «Frankreich – West» den Verein «Herzen ohne Grenzen» kennen, ich entschloss mich beizutreten im

Sinne meiner symbolisch vereinten «Brüder und Schwestern». Mein Mann Jean tat das auch und wir schrieben uns für die Berlinreise im April 2011 ein.

 

Meine Ziele waren folgende:

 

– das verwandelte Berlin wiederzusehen, wiedervereinigtdas mein biologischer Vater, der 1984 verstarb, nicht mehr erleben konnte.

– und vor allem andere Menschen zu treffen, Kriegskinder, vom ehemaligen Feind, gezeichnet von Geheimnissen, Tabus, Opfer von Ambivalenz und Aggressionen

von Erwachsenen. Ich wollte profitieren von diesem Beisammensein, den Erzählungen und Emotionen um all das Schwere unserer Geburt zu ueberdenken und zu ueberwinden.

 

Einige Wochen nach diesem Treffen kann ich sagen, dass es ein Erfolg war. Die Gruppe war sicher gross, fast 30 Personen, aber es gelang, Kontakte zu knüpfen, sich auszusprechen, im Laufe des Fruehstuecks, der Besuche oder des Abendessens. Alle Gespräche waren tief ergreifend und das Wiederfinden einer Teilnehmerin mit ihrer deutschen Halbschwester, die n ach Berlin kam, war für uns alle ein unvergesslicher Augenblick. Ihre strahlenden Gesichter, ihre verschlungenen Hände waren ein wunderbares Symbol für uns alle.

 

Ich hoffe im Kontakt zu bleiben mit mehreren Personen, vor allem jenen, die in meiner geographischen Nähe leben. Dieser neue Freundeskreis ist eine un

erhoffte Bereicherung für mich.

 

Die Organisation der Reise war bestens, wir profitierten von gemeinsam geplanten Besichtigungen, aber auch von Freizeit, die es uns erlaubte Berlin allein zu entdecken. Der Besuch der WAST und der herzliche Empfang dort haben uns tief beeindruckt. Auch die Führung durch Berlin im Bus und die freie Besichtigung von Potsdam werden uns immer im Gedaechtnis bleiben.

 

Vielleicht könnte man bei einer nächsten Reise die Zeit für Besichtigungen noch besser einteilen, um eine gewisse «tote Zeit» zu vermeiden.

So war die Berlinreise 2011 von «Herzen ohne Grenzen» ein voller Erfolg. Dank all denen, die sie organisierten.