Jean-Jacques Delorme,

Vorsitzender des Vereins « Cœurs sans frontières » :

 

jjd colloque 2010

 

Ich freue mich diese 4. Geschichtstagung im Memorial von Caen zu eröffnen. Ich stand unter heftiger Aufregung, als ich Anfang 2007 an der Tür des Memorials von Caen angeklopft habe. Was hatte ich, einfacher Vorsitzender eines Vereins, in diesem ehrwürdigen Ort zu suchen? War es nicht überheblich von mir, mir diese Türen öffnen zu lassen?

 

Ich war verabredet. Der Empfang war herzlich. Ich hatte das Gefühl bei einem Einstellungsgespräch zu sein. Meine Waffen waren meine Motivation, mein Wille und meine Entschlossenheit. Ich musste überzeugen, beweisen, dass wir in diesem großen Haus unseren Platz hatten, um diese für uns notwendige Geschichtsaufarbeitung zu machen. Wir die unser Leben lang von der Gesellschaft Abgeschobenen. Es war eine wirkliche Herausforderung. Nach einem 3-stündigen Gespräch sagte mir mein Ansprechpartner Emmanuel: « Nun, es bleibt uns nur noch ein Datum zu finden ».

Es wurde der 11. November. Ein sehr symbolisches Datum des zweiten Weltkriegs. An diesem 11. November 2007 war ich weit davon ab mich 3 Jahre später zu projizieren.

 

In der Tat, wir sind tatsächlich da mit Stolz erfüllt über eine ehrenwerte Bilanz. Ich habe nicht den einfachsten Weg ausgewählt, jedoch hat mich dieser Ort des Gedenkens dazu gebracht, das richtige Maß für ein solches Ereignis zu treffen. Wir mussten alles in Bewegung setzen, um diesem Ort und seinen Verantwortlichen würdig zu sein. Ich arbeite mit einer hohen Motivation an diesem alljährlichen Projekt, jedoch bin ich nicht sicher, ob ich ohne Emmanuel, der Mann, der mich beim ersten Zusammenkommen zum Zittern gebracht hatte, in der Lage gewesen wäre, ein solches Ereignis zeitgerecht zu bewältigen. Dank diesem freundschaftlichen Zusammentun werden unsere Seminare zu einem Höhepunkt der Kriegskinder von CSF und das, trotz des schweren Hindernisses zu den Kindern des Feindes zu gehören und der Tatsache, dass das „Memorial“ von Vielen als das Museum der Landung und der Alliierten vernommen wird.

 

Unser erstes Treffen fand an einem symbolischen Datum statt. Das vierte Treffen ist weit davon mich gleichgültig zu lassen; es handelt sich um den internationalen Tag der Kinderrechte“. Wir diejenigen, die diese zumindest chaotische Kindheit gehabt haben und heute noch die Narben davon tragen, können gegenüber dem Willen dem Kind den Wert eines vollständigen menschlichen Wesens zu gewähren nicht gleichgültig bleiben. Bevor ich weiterhin fortfahre liegt es mir am Herzen Ihnen dieses Zitat von Kofi Annan vorzulesen:

„Nichts ist wichtiger als eine Welt aufzubauen in der all unsere Kinder die Möglichkeit haben werden, ihr Potential vollständig zu verwirklichen und gesund in Frieden und Würde aufzuwachsen“

Die Kinderrechtskonvention wurde am 20. November 1989 verabschiedet.

Sie wurde von 191 Ländern auf 193 ratifiziert. Einzig und allein haben Somalia und die Vereinigten Staaten sich geweigert ihr beizutreten.

Sie besteht aus 41 Artikeln.

Ich hätte den ersten Artikel gerne wie folgt umgeschrieben:

„Ein Kind ist ein vollständiges menschliches Wesen und in dieser Hinsicht gebühren wir ihm die gleiche Behandlung wie einem Erwachsenen“.

Es gibt den Status des Kindes bis zu seiner Volljährigkeit; es ist ein weitumfassender gesellschaftlicher und humanitärer Fortschritt, und es ist gut so. Jedoch, auch wenn es sich auf dem Papier um eine internationale Kinderrechtskonvention handelt, so lässt sich niemand hinters Licht führen. Wir haben Zugang zur Information, wir reisen und stellen fest, dass es eine Täuschung ist. In vielen der Mitgliedsländer, inbegriffen die Länder mit denen wir wirtschaftliche und/oder freundschaftliche Verbindungen unterhalten, sind die Kinder ein wirtschaftlicher verpflichtender Einsatz mit unübertroffenen Kosten und das mit der Zustimmung der Familien, die keine andere Wahl haben, wenn sie überleben wollen.

 

Diese Ablehnung, diese Identitätsverweigerung war die Erblast aller Kriegskinder. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die die Geburten in eine Rangordnung bringen. Handele es sich um die Geburten vor der deutschen Besatzung (Kinder, deren Vater sich auf französischem Boden als Spion befand), während der deutschen Besatzungszeit, nach Unterzeichnung des Waffenstillstands (Kinder von deutschen Kriegsgefangenen) oder um die Geburten in der Zeit der Besatzung Deutschlands oder Österreichs durch die Alliierten. Wir sind alle gleichermaßen Kinder dieses Konflikts. Ich werde niemals eine andere Analyse machen. Es ist ein moralischer, historischer Fehler verschiedene Klassen und Unterklassen erstellen zu wollen. Die Logik ist erbarmungslos: hätte es diesen Krieg nicht gegeben, so hätte es kein davor und danach als direkte Konsequenzen gegeben. Wir bilden eine einzige Geschwistergruppe.

 

Unsere Lebensbedingungen als Kriegskinder, siehe sogar Überlebensbedingungen für einige von uns, hatten nichts gemeinsam mit diesen sogenannten Schwellenländern. Ihre Not ist direkt mit der Armut, dem Elend verbunden. Wir für die meisten unter uns waren während unserer Kindheit nicht sehr reich, hatten jedoch zu Essen. Unser Elend war psychisch, affektiv, für andere kam noch körperliche Misshandlung hinzu. Wir waren Bastarde. Bastarde wegen unserer Mütter in einem katholischen Frankreich, das in der „Sünde“ gezeugte Kinder abstieß. Aber auch Bastarde wegen unserer Väter, die zu einem Volk gehörten, das auf französischem Boden von einer Generation zur Anderen seit dem Krieg von 1870 gehasst wurde.

 

Die Tatsache, dass wir im Verein zum größten Teil Kinder von französischen Müttern und deutschen Vätern sind, kann mich nicht davon bringen, die Kinder von deutschen Müttern und von französischen Vätern aus der Besatzungszeit zu erwähnen!

 

Diese Kinder wurden in ihren ersten Lebensjahren von ihren Müttern weggerissen, einige waren noch Säuglinge. Um sich davon zu überzeugen, genügt es sich die Geschichte eines unter ihnen anzuhören: „Ich war auf einem Bahnsteig in den Armen meiner Mutter. Sie weinte. Der Zug ist angekommen, sie hat mich einem Reisenden übergeben, und dann nichts mehr…“. Dieses von seiner Mutter weggerissene Kind unterlag einer französischen Maßnahme mit Ziel die Aussetzung/Adoption von Kindern mit französischer Abstammung zu kontrollieren. Diese Politik wurde bis 1949 geführt. Um spätere Probleme zu vermeiden ist der französische Staat so weit gegangen, die Spuren dieser Politik in den deutschen Archiven zurück zu erlangen.

 

Diese auf französischem Boden zurückgeführten Kinder wurden unter Plenarsitzung adoptiert. Das bestand darin ihre Herkunft, ihre Identität zu leugnen. Dadurch wurden sie endgültig von Ihren Wurzeln getrennt. Die Behörden haben sich ein gutes Gewissen geschaffen, indem sie angaben, dass sie ihre Abstoßung befürchteten. Deutschland war ausgeblutet, diese Mütter hatten nichts, nicht einmal das Nötigste. Jedoch gab es keinen Beweis dafür, dass sie ihre Kinder abstoßen wollten, zumindest für die meisten von ihnen. Eine Abstoßungsbescheinigung wurde ihnen zur Unterschrift vorgelegt. Die Kindesabstoßung musste zugunsten der französischen Behörden erfolgen. Je nach Alter wurde das Kind oder der Säugling entweder in einem Kinderhaus oder in einer Krippe untergebracht. Von diesem Augenblick an war seine Adoption programmiert. Einige wurden vor ihrer Adoption von einer Krippe oder Kinderhaus zur anderen durch ganz Deutschland hin und her geführt. Einzig und allein ist der Name des Kindes bekannt, und das nicht ganz sicher mangels Unterlagen vom Standesamt. Sie haben weder genaues Geburtsdatum, noch Geburtsort, noch Eltern, noch weniger eine festgesetzte Staatsangehörigkeit und ihre Vornamen ändern sich auf den verschiedenen Dokumenten auf denen ihre Namen aufgeführt sind.

 

Eine andere Realität nimmt Form an, Frankreich muss neu besiedelt werden. Tatkräftige Hände fehlen und diese Kinder sind willkommen, ungeachtet des ihnen gebührenden Respekts und ihres eigenen Interesses.

 

Einige von ihnen haben sehr spät, siehe manchmal beim Tod ihrer soziologischen Eltern, von der anderen Wirklichkeit, der Wahrheit erfahren. Andere werden sterben ohne es je zu erfahren. Jedoch haben sie ihr ganzes Leben mit dem Gefühl, dass etwas nicht stimmt, der Ursache für ihr Unwohlsein, gelebt.

 

In dieser Hinsicht ist Artikel 8 der Kinderrechtskonvention ohne Widersprüchlichkeit:

 

1. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich das Recht des Kindes zu respektieren seine Identität zu bewahren, inbegriffen seine Staatsangehörigkeit, seinen Namen, und seine Familie, so wie sie vom Gesetz anerkannt sind ohne illegale Interessensverflechtung.

 

2. Wenn einem Kind illegal die Bestandteile seiner Identität oder einige davon entzogen werden, müssen die Mitgliedsstaaten ihm Unterstützung und entsprechenden Schutz zur schnellstmöglichen Wiederherstellung seiner Identität gewähren.

 

Was uns betrifft, obwohl wir schon längst volljährig sind, so hat der deutsche Staat gemäß Abs. 2 Art. 8 der Anfrage einiger von uns entsprochen und somit der doppelten Staatsangehörigkeit zugestimmt. Wie weit ist der französische Staat gekommen für all diese von ihren Wurzeln und von der Realität ihrer Identität weggerissenen Menschen? Das Paradox erreicht seinen Höhepunkt mit der Ablehnung für eine deutsche Einbürgerung, da sie Franzose sind aufgrund der Adoption (unter Plenarsitzung) durch ihre soziologischen Eltern und deutsch-geboren auf deutschem Boden, ihre Lage ist nicht rückgängig zu machen.

 

Was für eine Gewalt!

 

Das war die Einführung für einen langen Tag mit Rückblick auf die Vergangenheit, um die Gegenwart besser zu verstehen, uns besser zu verstehen, uns besser auf die Zukunft zu richten, unsere Zukunft und mit Ihnen liebes Publikum einige Bestandteile des Schreckens zu teilen. Unser Tun besteht darin, uns auf die Jugend zu richten, diese Jugend, die morgen die Zukunft der Menschheit sein wird. Wir stehen jetzt und in Zukunft an ihrer Seite.

 

Ich bedanke mich für die wirksame Hilfe und Unterstützung bei der Organisation bei:

 

Monsieur Grimaldi

Emmanuel THIEBOT

Die Technik

 

grimaldi

Herr G, der Denkschrift von Memorial de Caen

Während seiner Antrittsrede vom 20. November in Zusammenarbeit mit Coeurs sans frontieres

 

Besten Dank ebenfalls an die Redner dieses Seminars

 

Gerlinda SWILLEN

Hubert France

Laurent KLEINHENTZ

Catherine GOULLETQUER

Jacky TRONEL

Uli JONHSON/Daniel LAMICHE

Gérard LERAY/Philippe FRETIGNE

Philippe GRIMBERT

Arnaud BOULIGNY

Régis SCHLAGDENHAUFFEN

Estelle RICHARD

 

Vielen Dank und Allen einen schönen Tag

Jean-Jacques DELORME-HOFFMANN