Übersetzung eines Artikels in der Zeitung „Les Dernières Nouvelles d’Alsace“
STRASSBURG : Söhne und Töchter von deutschen Soldaten im 2.Weltkrieg.
Kriegsschicksale
Kinder eines deutschen oder österreichischen Soldaten und einer französischen Mutter,sind sie auf der Suche nach ihren Wurzeln und ihrer Identität. Sie trafen sich beim europäischen Parlament in Strassburg.
Das Wiedersehen zwischen Heinrich und Nicole fand in einem Hotel in Strassburg statt. Heinrich spricht kein Wort französisch und Nicole hat nie deutsch gelernt. Er kommt aus Dortmund, sie aus Nevers. Bis zu diesem Abend im November gab es ein Geheimnis, das des Vaters. Ihres Vaters- Walter Meyer.
Auf der Suche nach dem Vater.
Als ich 13 Jahre alt war, gestand mir meine Mutter endlich, dass ihr Ehemann nicht mein biologischer Vater sei . Es passierte, so erinnere ich mich, bei einem Streit. Ich kam nach Hause zurück nach langen Jahren in diversen Heimen, denn ich hatte grosse Gesundheitsprobleme. Meine Eltern kamen nur selten zu Besuch und ich zweifelte an ihrer Liebe zu mir. Ich war von schwacher Konstitution und oft krank und einsam, erzählt Nicole. Tochter eines deutschen Marinesoldaten, der 1942 einer jungen Französin aus der Gegend von Paris begegnet. Nicole teilt das Schicksal von Tausenden von Europäern, deren Väter Wehrmachtssoldaten waren oder Soldaten der Allierten, die nach der Kapitulation Deutschland besetzten oder Kriegsgefangene… Vielen hat man lange Jahre die Wahrheit- die Schande – verheimlicht, viele wurden als “ kleine Boche “ verschmäht, andere wieder konnten sich nie diesen Verstoss erklären.
Nicole und Heinrich
Photo DNA Laurent REA
“Sie suchen eine Nadel in einem Heuhaufen” antwortete man mir an der Deutschen Botschaft in Paris,als ich dort versuchte, die Spur meines Vaters zu finden.Ich war damals knappe 20 Jahre alt. Ich erfuhr dann aber doch, dass er 1955 verstorben war. 1948 kam er nach Frankreich zurück, um meine Mutter zu holen, diese war aber umgezogen und er fand sie nicht. Papa wusste um meine Existenz. Er sandte meiner Mutter einen Brief, in dem er ihr mitteilte, dass ich auf Dauer zu ihm nach Deutschland kommen könnte. Meine Grossmutter hat aber fast alle Brief und Fotos aus dieser vergangenen Zeit vernichtet. Damals hörte Nicole mit der Suche nach einem verstorbenen Vater auf, von dem sie so wenig wusste.
Aber eines Tages, sie war nun schon über 6o Jahre alt, sieht einer ihrer Söhne eine Sendung im Fernsehen, die über CSF/HOG sprach. So erfährt Nicole, dass Tausende Andere, das gleiche schwere Schicksal teilen, aber die Suche nicht aufgeben.
Die Hoffnung eines Wiederfindens.
Gegründet 2005, nach dem Erscheinen des Buches “ Kinder der Schande” von J.P. Picaper, Korrespondent der Zeitung “ Figaro” in Deutschland (1977-2003) vereint CSF/HOG Menschen, die ihren Vater oder ihre Stiefgeschwister suchen, in der Erinnerung ihres unbekannten leiblichen Vaters. Zu den administrativen Schranken kommen auch die psychologischen, erklärt uns Michel Blanc, Präsident des Vereins. Wir haben uns zusammengeschlossen, um uns gegenseitig zu helfen und zu unterstützen in diesem heiklen Unternehmen bei den Behörden, wie auch bei den Familien. Manchen von uns ist es gelungen ihre Familie zu finden, andere suchen noch, aber vereint, sind wir stark. Wir haben Nicole geholfen, ihren Bruder zu finden. Wir sind ausgegangen von 2 Fotos, die der Vater der Mutter von Nicole gesandt hat, ein Foto von ihm selbst und ein Foto seiner deutschen Frau, Heinrichs Mutter. Heinrich und Nicole trafen sich zum ersten Mal hier in Strassburg.
Vereint vom 14-17. 11. 2013 besuchten die Mitglieder des Vereins das europäische Parlament, einen symbolischen Ort. “ Die Soldaten der Wehrmacht waren nicht nur Deutsche, erklärt uns Michel Blanc, da waren auch Österreicher, Rumänen, Tschechen, Polen …..” Auch während der französischen Besatzung in Deutschland wurden Kinder gezeugt. Wir alle sind Kinder Europas ! Europa muss und kann uns helfen in unserer Suche, die aber durch viele nationale, administrative Hindernisse erschwert wird.
Zum ersten Mal in ihrem Leben befinden sich die Besucher in einem Pressesaal des europäischen Parlaments, im Tempel der europäischen Vereinigung, ein Saal, der etwas kalt und beeindruckend wirkt. Aber für sie ist dieser transparente Glasbau nicht nur ein politisches Symbol, es ist die Wiedergutmachung eines schweren Lebensweg, die Verwandlung des Schmerzes in ein Friedenprojekt. Nicole und Heinrich sind nun unzertrennlich und gehen Hand in Hand durch die Säle des Parlaments . Strassburg wird für Beide in ewiger Erinnerung bleiben, die Stadt ihrer Geburt als Geschwister, als Bruder und Schwester.
DOSTENA LAVERGNE