Warum Strassburg ?

Vergessen wir nicht, dass CSF/HOG seit seinem Bestehen ein Verein von Franzosen und Deutschen ist, geboren aus verbotener Liebe während des 2. Weltkriegs.

Die Mitglieder von CSF/HOG unterstützen sich gegenseitig, um diese Belastung des Ausgestossenseins zu meistern. Sie helfen sich auch in der schwierigen Identitätssuche.

Die Menschen, die von Eltern gezeugt wurden, die sich trotz staatlichen Verbots liebten, freuen sich über diese französisch-deutsche Freundschaft. Diese Liebe, dieser Ungehorsam wurde als Verrat hingestellt, als ein furchtbarer Fehler ! Die betroffenen Mütter und Kinder wurden jahrzehntelang verdammt und gemieden.

60 Jahre sind vergangen und endlich wagen sie es, sich zu fragen und zu begreifen, dass sie unschuldige Opfer sind und durch ungerechte Tabus zum Schweigen gezwungen wurden, alles war Furcht, Angst und Geheimnistuerei.

Das alles lähmte sie und erzeugte grosse Schuldgefühle und sie bemerkten gar nicht, dass sich unterdessen die beiden Länder immer näher kamen.

Wieviele wussten eigentlich, dass am 22.1.1963 ein für sie so wichtiger Vertrag unterschrieben wurde zwischen dem Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle. Dieser Vertrag unterstrich das wachsende Vertrauen und Freundschaft zwischen den beiden “Erzfeinden”. Die ausgestossenen Mütter und Kinder lebten ihr schweres Leben ungeachtet weiter, ohne zu merken, dass es da einen Hoffnungschimmer gab. Die Wunden der Kindheit sind schwer zu überbrücken.

Aus all diesen Gründen, haben sie sich in Strassburg versammelt, der schönen Stadt an der Grenze von Frankreich und Deutschland, um das Jahr der französisch-deutschen Freundschaft, in Erinnerung an den Elysee-Vertrag, zu beenden.

Erster Höhepunkt des Treffens : der Besuch des europäischen Parlaments.

Die Mitglieder von CSF/HOG hatten den symbolischen Wunsch dieses Besuchs, um zu zeigen, dass sie existieren, damit die Geschichte sie nicht vergisst und auch nicht vergisst die Misshandlungen, denen sie ausgesetzt waren. Das alles darf nie mehr vorkommen in den kommenden Generationen, die in Kriege verwickelt werden könnten.

Die Mitglieder von CSF/HOG (Franzosen, Deutsche, Österreicher, Belgier ) wurden am 15.11.2013 am europäischen Parlament begrüsst. Eine Parlamentsattachee gab Antwort an alle, an sie gerichteten Fragen und erklärte die verschiedenen Aufgaben des Parlaments. Es ist äusserst wichtig für die im Krieg gezeugten und gezeichneten Kinder zu wissen, was sie tun und unternehmen können, um von den europäischen Abgeordneten gehört und anerkannt zu werden und ihnen die Rechte zugesprochen werden, um ihre Wurzeln zu finden.

Die aktuellen Legislationen müssen sich weiterentwickeln, um nicht die schwierige Identitätssuche noch weiter zu erschweren, die Suche dieser Menschen, deren Vater (manchmal auch die Mutter) unbekannt blieb.

Durch die Kontakte mit den Vereinen “Kriegskinder” verschiedener europäischer Länder und den Anfragen um Hilfe, die dort einlagen, weiss CSF/HOG, dass der Weg dieser Kriegskinder aus allen Weltkonflikten, dieselben Schwierigkeiten aufzeigt :

– das Handicap einer ruinierten Kindheit zu meistern

– Infos zu erhalten über ihre Identität, die ihnen durch die vielen familiären und gesellschaftlichen Tabus vorenthalten wurden.

– Versuch Zeugenaussagen zu erhalten, wenn es auch schwer ist, da die vorhergegangene Generation nicht mehr am Leben ist.

Es ist wahrhaft ein Wettlauf mit der Zeit in der Spurensuche dieser Siebzigjährigen.

* Unter “ Kriegskind” versteht man einen Menschen, dessen Identität wegen des Krieges grossen Schaden erlitten hat.

Dazu kommen aber noch andere Hindernisse:

– Das zu lange Warten, um zu Angaben in den Archiven zu kommen wegen des Datenschutzes.

– Die Archive befinden sich in verschiedenen Zentren.

– Die geographische Entfernung, die noch nicht kompensiert wurde in der Möglichkeit im Internet genügend zu suchen.

– Die verschiedenen Gesetze betreffs persönlicher Daten und Reglement in den Archiven.

– Die finanziellen (unzureichenden) Mittel der Staaten zur Konservierung der Archive und die Benachrichtigung der interessierten Suchenden.

– Vor allem aber der nichtexistierende Wille der Verteidigungsministerien aller Länder, die Suche nach den Dokumenten der mutmasslichen Väter zu erlauben.

Wer hat nicht schon gehört : “ Bringen Sie uns den Beweis, dass Sie ein direkter Nachkomme sind und wir werden Ihnen antworten”. Wahrlich kafkaesk, denn das Bittegesuch möchte überprüfen, ob dieser Mann eventuell der gesuchte, erhoffte Vater ist.

Es wird allgemein anerkannt, dass jeder Mensch das Recht hat, seine Wurzeln zu kennen. Aber wie kann man dieses Recht nutzen, wenn es andere verhindern.

Die europäischen Gesetze müssen endlich erkennen, dass es eine Ungleichung gibt zwischen dem Recht und den Mitteln.

Als Mitglied von BOW i.n www.bowin.eu und in Partnerschaft mit den anderen europäischen Vereinen, möchte CSF/HOG aktiv sein, um es allen “Kriegskindern” zu ermöglichen, ihre Wurzeln zu finden.

Zweiter Höhepunkt des Treffens: das Wiederfinden

Dieses Wiederfinden hat, wie beim französisch-deutschen Treffen 2012, die Mitglieder von CSF/HOG vereint immer mit derselben Ergriffenheit.

Hans, deutsches Mitglied, hat seinen französischen Bruder gefunden,der aber leider nicht kommen konnte. Trotzdem aber war Hans glücklich.

Nicole hatte die grosse Freude, ihren deutschen Bruder Heinrich, der erst vor kurzem gefunden wurde, während des ganzen Treffens an ihrer Seite zu haben.

Welche Freude für alle festzustellen, dass “ es möglich ist” !

Nicole suchte seit vielen vielen Jahren ihre väterliche Familie. Nichts liess sie den Mut verlieren. Der Vater von Nicole ist verstorben, aber sie hat in Deutschland einen Bruder und eine Schwester gefunden.

Für Nicole beginnt ein neues Leben. Sie wird deutsch lernen und einen Computerkurs besuchen. Wir alle bewundern ihre Entschlusskraft. Nicole und ihre Familie beginnen wahrhaft ein neues Leben.

Wir konnten elf Recherchen erfolgreich beenden,einige andere werden es bald sein und wir hoffen bei unserem französisch-deutschen Treffen 2014 weitere Ergebnisse feiern zu können.

Chantal Lequentrec