Der Krieg meines Vaters

SCHMITZ-KÖSTER Dorothee

Vom Krieg erzählte der Vater meistens lustige Geschichten, und immer wieder erklärte er, das sei „die schönste Zeit“ seines Lebens gewesen. Von 1940 bis 1942 war er in Norwegen, danach ein Jahr lang in den Niederlanden stationiert. Und die letzten 16 Monate kämpfte er in einer Elite-Division an der Ostfront, wo er noch Ende April 1945 verwundet wurde. Der Tochter war diese Perspektive unbegreiflich – und so führten die beiden immer wieder heftige Debatten. Erst wenige Jahre vor seinem Tod gab es eine Annäherung: Da übergab der Vater seiner Tochter rund 1000 Feldpostbriefe, die er mit seiner Mutter gewechselt hatte, und half, sie zu entziffern. Diese Briefe zeichnen ein genaues Bild vom Soldaten-Alltag – vor allem in Norwegen. Sie erzählen von Patrouillen und Kasernenhofdienst und vom Weihnachtsfest in einer norwegischen Familie. Sie erzählen vom Drang nach Bewährung und Abenteuern und von der Verblendung durch die nationalsozialistische Ideologie. Ängste und Sorgen äußert vor allem seine Mutter, die 1944 wegen der Bombenangriffe auf Köln nach Mitteldeutschland flüchtete. Irritiert, ja manchmal entsetzt über die Kriegsbegeisterung vieler Briefe, über die Strategie, Schrecken, Verbrechen, Terror und Tod auszublenden und keine Verantwortung zu übernehmen, begann die Tochter zu recherchieren. Sie besuchte die Orte, an denen der Vater als Soldat stationiert war, traf seine norwegische Freundin und befragte Historiker. Vor diesem Hintergrund lotet „Der Krieg meines Vaters“ den privaten und den zeitgeschichtlichen Kontext aus – und die späteren Debatten um Schuld und Verstrickung der „ganz normalen Deutschen“.

SCHMITZ-KÖSTER Dorothee
Aufbau Taschenbuch Verlag