Eine Reise in die Vergangenheit
und Impressionen von dem schwäbischen Alb

General de Gaule im Lager Münsingen
Abzeichen des alten Lagers in Münsingen
Das alte Lager Münsingen
Das alte Lager Münsingen
Meggie in Münsingen
Lager Münsingen heute
Lager Münsingen heute
Stadt Münsingen
Stadt Münsingen
Panorama von Münsingen
Landschaft um Münsingen

Ich wusste, das es emotional sein würde, den Ort meiner Kindheit zu besuchen, aber das es mich derart berührte, hatte ich nicht erwartet!

Als ich von Stuttgart kommend nach Münsingen fuhr und immer mehr Vertrautes wahrnahm, die Gegend sich zu dem formte, was Kindheitserinnerungen sind, was tief in mir verschüttet war und mich zu der Frau machte, die ich heute bin.

Ich bin zutiefst dankbar, dass ich in einer so wunderbaren Landschaft die ersten 12 Jahre meines Lebens verbringen durfte.
Die Sprache, die Freundlichkeit und Zuwendung meiner einstigen Klassenkameraden, das Treffen mit meinem ehemaligen Klassenlehrer – jetzt 98 Jahre alt – , das Wiedererkennen unseres ehemaligen Wohnhauses, den Geschmack von Vertrauen und Zuneigung im Herzen und Spätzle uns Maultäschle auf dem Teller, all das machte mich glücklich und schenkte mir eine tiefe Dankbarkeit an meine Mama, die mir all dies mit auf den Lebensweg gab.

Unsere finanziellen Mittel waren recht überschaubar, Sommerschuhe wurden vorne aufgeschnitten, wenn sie nicht mehr passten, zu klein gewordene Pullover und Strickjacken wurden aufgeriffelt und neu verstrickt, Kleider und Röcke hatten riesige Säume, die immer weiter verlängert wurden. Aber wir hatten eine Landschaft um uns herum, die uns mit ihrer Schönheit immer wieder zu neuen Spielen animierte, abseits der heute so verbreiteten Computer und Handyspiele – der schönste Spielplatz der Welt !

Ich erinnere mich, dass, wenn ich im Winter durchgefroren vom Schlitten- oder Skifahren nach Hause kam, meine Mutter mir heißen Tee oder Kakao kochte, und wir zwei um den Ofen herum saßen, der eine wunderbare Wärme verströmte und während ich langsam auftaute, mir meine Mutter aus „Heidi“ oder „Rosenresli“ vorlas.

Ich liebte es, wenn draußen die Dämmerung langsam in eine eiskalte Nacht überging, und wir im dämmrigen Zimmer saßen, geborgen, warm und zufrieden.
Wir nannten es „die blaue Stunde“ (mach ich heute noch)
Und im Frühsommer gab es so viele Maikäfer, die Abends um die Straßenlaternen schwirrten
und eine Horde laut lärmender Kinder versuchte, so viel wie möglich davon einzufangen, und in Schuhkartons zu verfrachten.
Was habe wir mit den Käfern gemacht?
Haben wir sie wieder fliegen lassen?
Wo sind sie hin, die Maikäfer meiner Vergangenheit?
Ebenso verschwunden wie meine Kindheit und die vermeintliche Idylle des schwäbischen Alb?

Denn natürlich war nicht alles so rosarot wie die Erinnerung mir das vorgaukelt!
Der Besuch des französischen Camps – das „alte Lager“ in Auingen – mit meiner Klassenkameradin Rose, die mir die ehemalige französische Kaserne zeigte, die offensichtlich nicht so unbedeutend war, so dass sogar Charles de Gaulle sie im September 1962 besuchte!
Nach Aufgabe des französischen Camps im Jahre 1992 beherbergen diese Gebäude heute wunderschöne Läden mit Kunsthandwerk, Produkten aus der Region und Gastronomie.

Welch eine sinnvolle Verwandlung, „Schwerter zu Pflugscharen !“

Doch trotz all der positiven Erinnerungen, gab es tief in mir ein Gefühl der Trauer, über die gleichen Straßen des Camps zu gehen, die auch mein Vater benutzt hat, das Haus zu sehen, in dem Mama und mein Vater wohnten, der viel zu frühe Tod meiner Mutter…eine Ambivalenz von schöner Erinnerung und bitterem Verlust.

Ich denke, ich muss mit diesem Zwiespalt leben und auch dankbar sein, immer wieder aus dem positiven Schatz der Vergangenheit schöpfen zu dürfen.

Und welch ein Glück, in den 60 igern Teenager gewesen zu sein, als wir auch in Bonn auf die Straße gingen und gegen „Bourgeoisie“ und braunen Müll in den Köpfen protestierten und mit zunehmender Akzeptanz – zumindest bei der Jugend- es keine Rolle mehr spielte, ein uneheliches Kind zu sein.
Als wir Frauen den Kopf erhoben und versuchten, uns aus der patriarchalischen Bevormundung zu lösen.

Wenn du, Mama, da oben auf deiner Wolke sitzt und zu mir herunterschaust, so hoffe ich, dass du ein wenig stolz auf mich und auch auf dich bist, was ich aus mir und dem, was du mir mitgegeben hast, gemacht habe.

Danke an die „Münsinger“, die mich so herzlich aufgenommen haben !

Danke an „ Coeurs sans Frontières“ , der Verein , der jetzt meine französische Familie ist !

Danke an All die Anderen, die mich prägten, und zu dem machten, die ich jetzt bin !

Ich bin versöhnt mit meinem Schicksal, denn…ich hatte und habe mehr erreicht, als bei meiner Geburt als „ Franzesle“zu erwarten war !

Und wenn ich mich so bei CsF umschaue, so sind doch aus uns „ Kindern der Schande“ ordentliche, rechtschaffene und wunderbare Menschen geworden!
In diesem Sinne …

à bientôt

Meggie Beck

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